Im Rahmen der digitalen Transformation ist es schwerer geworden, sich im klassischen Sales-Prozess von der Konkurenz abzuheben. Unterschiede in Produkteigenschaften sind oftmals nur noch marginal, Ubiquität oder Beratung kein echtes Alleinstellungsmerkmal mehr, der Preis dann häufig finales Verkaufsargument. Die Prozesse und Dienstleistungen rund um den Service und den After-Sales Bereich bieten allerdings noch große Chancen, sich zu differenzieren und die Kundenansprache sowie Kundenbindung zu optimieren. Für die Umsetzung eines entsprechenden Projekts ist es allerdings entscheidend, zunächst die Möglichkeiten zu kennen – und dann zu definieren, welches digitale Serviceangebot für das eigene Unternehmen das richtige ist und wie man es erfolgreich einführen kann.
Zwei Servicebereiche
Im Kontext der Customer Experience im B2B lassen sich zwei Service-Bereiche unterscheiden:
- Kundenservice mit Fieldservice: Umfasst die klassischen Call-Center Prozesse, Ticketing, Retouren, Reklamationen, Servicetechnikereinsätze, etc.
- Servicedienstleistungen und After-Sales: Umfasst Services, die man dem Kunden im Zusammenhang mit seinem Produkt/Maschine anbietet, Portal- und Shopanwendungen, Ersatzteil- und Wartungsprozesse, Cross- und Up-Selling, Bereitstellung von Informationen rund um Produkt oder Maschine, etc.
Rundumsicht gefragt
Im klassischen Kundenservice besteht häufig noch direkter Kontakt mit dem Kunden über unterschiedliche Kanäle. Die Customer Journey beginnt aber bereits bevor der Kunde zum Telefonhörer greift. Wenn Unternehmen dann ihre Kommunikationskanäle in Silos einsetzen, besteht die Gefahr, dass trotz gutem Vorsatz und Einsatz der Kunde unzufrieden zurückbleibt. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, guten Kundenservice bieten zu müssen, möglichst harmonisiert über mehrere Kanäle. Gleichzeitig sind sie aber einer steigenden Erwartungshaltung ausgesetzt. Service-Mitarbeiter haben aber oft keine Kenntnis über frühere Interaktionen mit dem Kunden und können dadurch keine kontextbezogenen Antworten liefern. Die Lösung ist eine 360°-Sicht auf den Kunden und dessen Interaktionen (unabhängig ob im Dialog mit einem Mitarbeiter oder an anderen digitalen Touchpoints). Und das über Systemgrenzen hinweg.
Ein Beispiel: Ein Servicemitarbeiter erhält via Mail eine Serviceanfrage wegen eines Defektes an einer Maschine. Dafür wird automatisch ein Ticket im CRM-System angelegt. Mit einem Blick sieht der Mitarbeiter die Historie zum Kunden, aber auch zum Problem. Er kann den entsprechenden Servicetechniker identifizieren und dem Kunden bereits Terminvorschläge für den Reparatureinsatz vorschlagen. Anschließend können dem Techniker Arbeitspläne, Informationen oder Materialien bereitgestellt werden. Nach dem Reparatureinsatz lässt sich der Servicetechniker den Job digital abzeichnen und kann seine Zeiten buchen. Der Status im Serviceticket wird aktualisiert bzw. der Service Agent wird aktiv über den Abschluss informiert. Erkenntnisse, Lösungsansätze oder Erfahrungen aus beiden Prozessen fließen direkt zurück in die Wissensdatenbank und können so helfen, zukünftig besser zu reagieren oder direkt Feedback an das Qualitätsmanagement zu liefern.
KI und Datenbanken
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in Live-Chats ist ebenfalls ein Mittel. Dabei werden gegebenenfalls auch ungelernte Mitarbeiter mittels intelligentem Scripting durch den Dialog mit dem Kunden geführt. Vorgeschaltete Bots können helfen, Anfragen vorab zu qualifizieren und thematisch zu routen. Bestenfalls können sie helfen, die schiere Anzahl an Serviceanfragen zu reduzieren, wenn Fragen/Problem so direkt gelöst werden. Wahrscheinlich noch bedeutender ist der klare Trend in Richtung Wissensdatenbanken. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einer Knowledge Base, die dem Mitarbeiter hilft, besser und schneller auf Anfragen zu reagieren. Sei es mittels technischer Dokumentationen, verfügbarer Daten oder so genannten reccommended solutions auf Basis historischer Daten und dem zu Grunde liegend Algorithmus. Die andere Facette im Zusammenhang mit Knowledge Management ist das Bereitstellen von Informationen (Self-Services) für Kunden, ausgewählte Partner oder Händler. Hier ist der Übergang zur anderen Säule im Kontext Customer Experience im B2B fließend. Self-Service Prozesse und Servicedienstleistungen sind zu einem erfolgskritischen Faktor geworden.
Lösung für alle Touchpoints
Neben der Kundenkommunikation via Telefon oder E-Mail, ist die Etablierung einer integrierten Servicelösung, die auch andere Touchpoints des Kunden bedient, wichtig. Ein solches Serviceportal sollte die involvierten Akteure zusammenführen und dem Protagonisten gezielte Services zur Verfügung stellen, die ihm in seinem Alltag helfen, erfolgreich zu sein. So ist bspw. eine zentrale Übersicht des Fuhr- oder Maschinenparks ein Anfang. Das aktive Bereitstellen von Maschinendaten kann helfen, Ausfallszeiten zu verringern oder bestenfalls zu verhindern. Individualisierte Empfehlungen können den Kunden begeistern. Self-Services im Portal oder an der Maschine/Produkt ermöglichen es, schnell Lösungsmöglichkeiten für Probleme selbst zu finden und das unabhängig von Ort oder Zeit.
Beispiel: Der Kunde erhält über ein mobiles Endgerät die Info, dass es eine Störung zu einer Maschine gibt. Er loggt sich in das Portal ein und sieht die Störung zur betroffenen Anlage inklusive Kurzbeschreibung des Fehlers und Analyse. Er kann direkt aus dem Portal eine Servicemeldung anlegen, die dann direkt an den Kundenservice weitergeleitet wird (hier wäre ein möglicher Startpunkt für das vorhin beschriebene Beispiel). Sowohl Workaround als auch Hinweis zu dauerhafter Behebung des Problems werden ihm auf dem Portal ausgespielt. Status und Planung zum Servicevorfall bzw. zur Anlage kann er einsehen. Da der Kunde mit dem Zugang auf das Serviceportal seine Maschine immer im Blick hat, kann der Hersteller ihm gezielt für diese Maschine auch Upgrades anzeigen oder Empfehlungen ausspielen. Diese kann der Kunde in den Warenkorb legen und bestellen. Sämtliche dynamischen und statischen Maschinendaten bereitet das Kundenportal auf und stellt es in einem Dashboard dar. Das verspricht Übersichtlichkeit und bietet vielleicht sogar die Basis, um auf einen Fehler oder den möglichen Ausfall (Verschleiß) eines Teils hinzuweisen. So würde der Kunde bereits Lösungen zu einem Problem angeboten bekommen, über das er noch gar nicht informiert ist. Solche Beispiele lassen sich quasi beliebig auf unterschiedliche Szenarien anpassen. So kann der in unserem Beispiel genutzte Reparaturprozess ebenso für Austausch und Retouren, Garantieanträge und Kulanz oder Reklamation gestaltet werden.
Mehr als nur Technik
Neben der technischen Infrastruktur müssen Unternehmen für die Umsetzung solcher Themen auch integrierte Prozesse etablieren sowie den organisatorischen Wandel vorantreiben. Ebenso gilt es, die Interaktion mit seinen Partnern zu optimieren. Um solche Prozesse zu realisieren, bedarf es einer Strategie. Dafür empfiehlt es sich zu Projektbeginn alle Beteiligten mit ins Boot zu holen, um entscheidende Anforderungen nicht zu übersehen bzw. diese richtig zu priorisieren. Zum anderen ist das ‚buy in‘ von Entscheidern ein Faktor. Nicht zuletzt, um so auch die User Acceptance von Projekt und Lösung insgesamt zu erhöhen.
Daten pflegen
Eine weitere Voraussetzung für erfolgreiche digitale Serviceprozesse die Verfügbarkeit der relevanten Daten in entsprechender Qualität. Ist dies nicht gegeben, macht sich in der finalen Konzeption oder bei der der Umsetzung schnell Ernüchterung breit. Stammdatenpflege ist dabei ebenso wenig komplex wie spannend. Wer es angeht, hat wenig Aussicht auf Meriten, doch schafft die Grundlagen für den Erfolg.
Über Sybit
Die Sybit GmbH hat sich auf kundenzentrierte Lösungen entlang der Customer Journey spezialisiert, bei denen sämtliche End-2-End-Prozesse digital abgebildet werden. Gegründet im Jahr 2000 vertrauen heute über 300 Kunden, vornehmlich Konzerne und weltweit agierende Mittelständler aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der High-Tech-Industrie und dem Automobilsektor auf die langjährige Expertise des SAP Platinum Partners. Sybit gehört zu den Top 20-Digitalagenturen in Deutschland und beschäftigt am Hauptsitz in Radolfzell und den Niederlassungen in Bielefeld, Hannover, Offenbach und Pforzheim über 250 Mitarbeiter.
Seit August 2018 ist Sybit eine Tochter der itelligence AG, einem der weltweit führenden SAP-Beratungshäuser mit ca. 10.000 Mitarbeitern und Niederlassungen in 28 Ländern.