Weniger CO2 mit künstlicher Intelligenz
Die EMO Hannover 2019 hat ihr Engagement für junge Unternehmen gesteigert und als Leuchtturmprojekt in ihr Programm gehoben. Bereits acht Firmen haben sich für den Gemeinschaftsstand Junge innovative Unternehmen (Halle 9, Stand A30) angemeldet, der gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) deutschen Start-ups das Schnuppern von Messeluft ohne großen Aufwand ermöglicht. Weitere 37 Jungunternehmer werden ihre Innovationen unter dem Dach der Young Tech Enterprises bzw. VDMA Startup-Machine präsentieren (ebenfalls in Halle 9, Stand A30). Mit Spannung erwartet wird zudem die Preisverleihung des BMWi-Gründerwettbewerbs Digitale Innovationen, dessen Nominierungsliste nun vorliegt.
Die Startup Area, der Young Tech Enterprises sowie der VDMA Startup-Machine, soll jungen Unternehmen aus dem Maschinenbau auch kurzfristige Messeteilnahmen ermöglichen. „Aussteller und Besucher haben hier direkten Zugang zu zahlreichen jungen, kreativen Unternehmen. Umgekehrt haben die Start-ups unmittelbaren Zugriff auf mehr als 2.000 potenzielle Partner“, erklärt Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer des VDW und Veranstalter der EMO Hannover. „Das macht die EMO Hannover für Industrie-Startups zur idealen Plattform, um sich mit etablierten Unternehmen zu vernetzen. Die Messe bietet Ausstellungsfläche, Forum, Matchmaking-Events und Pitches für Startups und ermöglicht damit den direkten Austausch zwischen Gründern, Investoren, Partnern und Förderern“, so Schäfer weiter.
Roboter im Handumdrehen programmieren
Ein Startup, das sich aufgrund positiver Messeerfahrungen zur Teilnahme am Young Tech Enterprises Programm entschieden hat, ist die drag and bot GmbH aus Stuttgart. 2017 aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA ausgegründet, arbeiten derzeit rund 15 Mitarbeiter an einer Software zur einfachen und herstellerunabhängigen Programmierung von Industrierobotern. Mit einer intuitiven Benutzeroberfläche, die an eine Smartphone-App erinnert, will das junge Team mittelständischen Unternehmen den Einstieg in die Automatisierung mit Robotern ermöglichen. Geeignete Applikationen sind hier etwa repetitive und wenig herausfordernde Tätigkeiten wie das Be- und Entladen von Maschinen oder einfache Handling-Aufgaben, die von Mitarbeitern nur ungerne erledigt werden und sich schnell amortisieren. Die Mitarbeiter werden durch den Einsatz eines Roboters entlastet und können in höherwertigen Aufgabenbereichen eingesetzt werden. So sichert der Aufbau hauseigener Kompetenz im Bereich der Robotik mittelständischen Unternehmen nicht nur Flexibilität in der Produktion, sondern ermöglicht ihnen auch, dynamisch auf Veränderungen zu reagieren und sich von externen Dienstleistern unabhängig zu machen. Auch Prozesse mit geringen Stückzahlen und hoher Variantenvielfalt können wirtschaftlich automatisiert werden. „Wir haben aus Kundengesprächen erfahren, dass das Be- und Entladen von Maschinen wichtige Anwendungsfälle für den Maschinenbau sind und haben viele Leads aus der Metallindustrie“, sagt Jonathan Sauter, zuständig für Business Development und Vertrieb bei drag and bot. „Daher war für uns schon länger klar, dass wir uns auf der EMO Hannover präsentieren sollten.“ Die Entscheidung erleichtert hat das Angebot der Young Tech Enterprises, das Sauter bereits auf der Hannover Messe kennengelernt hatte: „Seit drei Jahren stellen wir in Hannover aus, 2018 waren wir bei den Young Tech Enterprises. Die Stände haben ein cooles Design und es gibt an einem Ort viel Neues auf einmal zu erleben, was sich wiederum positiv auf die Medienpräsenz und die Aufmerksamkeit der Besucher auswirkt. Für uns ist das insgesamt ein tolles Format.“
Gemeinschaftsstand unterstützt bei der Messeplanung
Ähnliche Gründe bewegten die Gerotor GmbH aus Puchheim bei München zur Teilnahme am Gemeinschaftsstand Junge innovative Unternehmen, der speziell auf deutsche Startups zugeschnitten ist. „Wir haben bereits 2017 auf der EMO Hannover ausgestellt und waren mit dem Verlauf absolut zufrieden, haben damals sogar den Maschinenmarkt Sonderpreis für Energieeffizienz gewonnen“, erklärt Marcel Werner, Mitgründer von Gerotor und heute zuständig für Business Development. Mit dem Zielmarkt Maschinen- und Anlagenbau und besonderer Dynamik im Bereich der Werkzeugmaschinen, sieht Werner die Messe als Pflichttermin: „Als Weltleitmesse ist die EMO Hannover für uns der place to be.“ Weil ein eigener Messeauftritt für das kleine Team aber eine enorme Belastung darstelle, entschied sich Gerotor diesmal für die Beteiligung an einem Gemeinschaftsstand, so Werner: „Wir bekommen einen tollen Stand, haben aber weniger Aufwand und müssen uns um weniger kümmern. Für Start-ups ist das ein wichtiger Faktor.“
Energie sparen und Strom putzen
Auf technischer Seite läuft es derzeit rund für die Jungunternehmer, die mit der Einsparung von CO2 im Produktionsprozess ein hochaktuelles Thema auf der EMO Hannover präsentieren werden. Werner: „Wir haben Gerotor 2015 gegründet, vier alte Geschäftspartner mit jeweils zehn bis 15 Jahren Führungserfahrung im internationalen Automobil- und Zuliefergeschäft. Gemeinsam hatten wir die Idee, die Kers-Technologie, die in der Formel 1 zur Bremsenergierückgewinnung eingesetzt wird, auf die Produktion zu übertragen.“ Statt elektrische Energie in Wärme umzuwandeln oder unwirtschaftlich ins Stromnetz zurückzuspeisen, hält nun ein innovativer Schwungmassenspeicher die Energie im DC-Zwischenkreis der Maschine und macht sie auf diese Weise nutzbar. Der Stromverbrauch kann um bis zu 60 Prozent gesenkt, der CO2-Footprint der Produktion deutlich verbessert werden. Doch das mittlerweile auf rd. 20 Mitarbeiter gewachsene Unternehmen will nicht nur zur Energieeffizienz beitragen, sondern gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Mittelständische Unternehmen, die nahe ihrer Anschlussleistung arbeiten, sollen das verbesserte Spitzenlastmanagement zur Erweiterung ihres Maschinenparks nutzen können. Stromausfälle in der Produktion werden durch den Schwungmassenspeicher überbrückt, der mit einer Speicherdauer von bis zu 15 Sekunden typisches Netzflackern übersteht. Sogar qualitativ höherwertiger Strom soll entstehen, indem Oberwellen und Blindleistung abgefedert und die Sinuskurve des Stroms geglättet werden: „Geputzter Strom ist sozusagen ein Abfallprodukt unseres Speichers, der den Anwendern zusätzlich zugutekommt. Das alles erreichen wir mit einem rein mechanischen Aufbau ohne Chemikalien, der schon während der Herstellung und Bereitstellung grüner ist, als andere Technologien.“ So soll sich die Investition auch für Kunden schnell rechnen, verspricht Werner: „Wenn ein Maschinenhersteller unser Lastmanagement und die Rekuperation direkt einplant, kann er bei der eigenen Peripherie sparen. Bei einer neuen Maschine mit Downsizing der Peripherie-Komponenten wäre die Amortisation dann noch früher gegeben, beim reinen Add-on des Speichers als Optionspaket von Maschinen wäre sie nach etwa drei Jahren drin.“ Derzeit erforscht und entwickelt das Startup mit der Universität Stuttgart, dem Fraunhofer IPA und Erprobungspartnern aus der Industrie auch den Einsatz künstlicher Intelligenz. Sie soll anhand des Stromprofils das Optimum der Maschine erkennen, um Energieeffizienz auch ohne externe Steuerungsbefehle sicherzustellen. Unterschiede in den Stromprofilen gleicher Maschinen mit gleichem Produktionsprogramm könnten dann etwa Rückschlüsse auf Wartungsbedarfe geben. „Auch deshalb freuen wir uns auf die EMO Hannover, die mit OPC UA und umati zwei spannenden Initiativen zur Auswertung von Maschinendaten großen Stellenwert einräumt“, so Werner.