Interview mit Dr. Maximilian Beinhofer, Head of Cognitive Systems Development, TGW

Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning halten in immer mehr Wirtschaftsbereichen Einzug, auch in der Intralogistik. TGW hat beispielsweise den selbstlernenden Pickroboter Rovolution entwickelt. Welche Vorteile das preisgekrönte System bietet und wie mithilfe von KI das Fulfillment Center der Zukunft optimiert werden kann, erklärt im Interview Dr. Maximilian Beinhofer, Head of Cognitive Systems Development bei TGW.

Zunächst das Machine Learning bei Objekten: Das können zum Beispiel Artikel sein, die von unserem Pickroboter Rovolution kommissioniert werden sollen oder auch Ladungsträger wie beispielsweise Kartons. Die Kernfrage lautet: Welche Eigenschaften hat dieses spezifische Objekt – und wie kann man es am besten picken?

Die zweite Perspektive ist das Machine Learning auf Materialflussebene. Hier lautet die Kernfrage: Wie kann ich mein System so steuern, dass keine Engpässe entstehen und die Arbeitsplätze gleichmäßig ausgelastet sind?

Die dritte Perspektive ist das Machine Learning bei Maschinen: Hier geht es darum, den Zustand von einzelnen Komponenten zu analysieren und zu verstehen – zum Beispiel im Rahmen von Condition Monitoring oder Predictive Maintenance, also vorausschauender Wartung. Ausfallszeiten lassen sich so reduzieren, indem Wartungszeitpunkte und Reparaturen bereits frühzeitig eingeplant werden.

Wo setzt TGW Machine Learning-Techniken ein?

Dr. Beinhofer: Unser selbstlernender Kommissionierroboter Rovolution basiert auf Machine-Learning-Erkenntnissen. Er reagiert auf unerwartete Ereignisse wie etwa das Herunterfallen eines Artikels beim Greifvorgang völlig autonom und ganz ohne menschlichen Eingriff und korrigiert den Vorgang. Das sorgt für unterbrechungsfreies Arbeiten rund um die Uhr. Eine Algorithmik entwickelt – basierend auf Daten – eine Form von Szenenverständnis und erlaubt dadurch eine Zustandsschätzung bzw. Klassifizierung. Auf dieser Basis kann der Rovolution-Roboter selbstständig Entscheidungen treffen, wie er mit einem zu kommissionierenden Artikel umgeht.

Woran arbeiten Sie gerade?

Dr. Beinhofer: Aktuell beschäftigen wir uns unter anderem mit Vorhersagemodellen, die eine präzise Anpassung einer Anlage an saisonale Schwankungen oder ein verändertes Bestellverhalten der Kunden ermöglichen. Die Modelle erkennen Muster, die sich einem menschlichen Gehirn nicht unmittelbar erschließen. Im Tagesgeschäft lassen sich Schlussfolgerungen und Entscheidungen so wesentlich schneller treffen. TGW investiert außerdem in Forschungsprojekte und arbeitet eng mit internationalen Universitäten zusammen.

Ist Machine Learning also eine Ergänzung zur Automatisierung?

Dr. Beinhofer: Machine Learning bietet eine Antwort auf Herausforderungen, die sich mit klassischer Automatisierungstechnik alleine nicht lösen lassen. TGW bringt hier optimale Voraussetzungen mit: Wir haben über 50 Jahre Erfahrung in der Automatisierung und können unser Wissen zu Software beziehungsweise Digitalisierung mit unserem Mechatronik-Knowhow verknüpfen – zum Vorteil unserer Kunden.

Herr Dr. Beinhofer, ich bedanke mich für das interessante Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg.

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