Historische Daten zur Rüstzeitprognose nutzen

Worauf es bei KI ankommt

Bei der Modellbildung macht sich auch die Leistungsfähigkeit der verwendeten KI-Engine bemerkbar. Leistungsfähige KI-Engines zeichnen sich dadurch aus, dass sie die für die Modellbildung verwendeten historischen Daten selbständig aufbereiten können. Hierzu zählt im Rahmen der Vorbereitung auf die eigentliche Modellerstellung neben der Datensynchronisation auch die unüberwachte Anomalie-Erkennung – also die automatisierte Erkennung und Bereinigung der Trainingsdaten um Ausreißer. Dieses Vorgehensmodell, welches den herkömmlichen und größtenteils manuellen CRISP-DM-Ansatz automatisiert, wird auch als Automated Data Science bezeichnet. Der eigentliche Clou besteht jedoch in der Verwendung des erzeugten Modells und somit der Vorhersage der Rüstzeit. Wird beispielsweise ein Arbeitsgang auf einer Maschine zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem bestimmten Werkzeug eingeplant, werden diese und gegebenenfalls weitere Daten verwendet, um auf Basis des zuvor erstellten Modells die wahrscheinliche Rüstzeit vorherzusagen. Da in einer Fertigung nicht nur bekannte Artikel gefertigt werden, sondern auch immer wieder neue Artikel oder Variationen davon hinzukommen, braucht es auch hierfür Vorgehensweisen, da in diesem Fall keine historischen Daten vorliegen. Eine gute KI-Engine wird die Prognose auf Basis bekannter Daten und Ähnlichkeitserwägungen berechnen. Die KI agiert dabei im Wesentlichen wie die manuelle Pflege erfolgen würde: ein Experte schließt von vergleichbaren Artikeln, Werkzeugen etc. auf die neue Kombination. Die Prognose wird damit nicht die Genauigkeit erreichen, die bei Kenntnis aller Faktoren möglich wäre, liegt jedoch sicherlich auch nicht hinter den herkömmlichen manuellen Schätzungen zurück. Liegen für den neuen Artikel historische Daten vor, können diese in einer erneuten Modellgenerierung ebenfalls verwendet werden und in das Modell einfließen. Dieser Closed-Loop ist ein weiteres wichtiges Merkmal einer leistungsfähigen KI-Engine – die Selbstüberwachung im Spannungsfeld zwischen Modell und Prognosequalität. Die KI-Engine sollte die Vorhersagequalität fortwährend überwachen und bei deren Abfall eine erneute Modellbildung auf der Basis der aktuellen historischen Daten anstoßen.

Sichtbare Verbesserung der Planung

Was die Rüstzeitvorhersage im Vergleich mit der herkömmlichen Methode über ERP-Vorgabezeiten und die Ergänzung über die Rüstwechsel-Module leisten kann, wurde auf der Basis von mehreren realen Produktionsszenarien untersucht. Es zeigt sich, dass die KI-basierte Vorhersage den herkömmlichen Vorgabemechanismen deutlich überlegen ist. Die planerische Einsparung lag im Bereich von etwa 20 Prozent und konnte im Untersuchungszeitraum an 53 von 56 Tagen bestätigt werden.

Ausblick

Während sich KI im privaten Bereich durch Siri, Alexa und Co. schon stark verbreitet hat, steckt der Einsatz im Fertigungsumfeld noch in den Kinderschuhen. Neben der technischen Barriere, die durch Automated Data Science umgangen werden kann, steht dem Einsatz natürlich auch die Frage im Weg, wie gut die KI tatsächlich ist und ob man ihr produktive Einsatzgebiete in der Fertigung anvertrauen möchte. Dieses Vertrauen kann beispielsweise aufgebaut werden, indem man dem Anwender die Möglichkeit gibt, das erstellte Modell auf der Basis der historischen Daten detailliert zu untersuchen. Kombiniert man das methodische Knowhow eines KI-Spezialisten mit der Praxisnähe eines MES-Anbieters, so können schnell einsetzbare Standardprodukte und flexible Lösungen entstehen. Deren Hauptvorteil besteht darin, dass die zur Verfügung stehenden Daten nicht erst aufwendig vorbereitet werden müssen. Damit können Kosteneinsparungen von bis zu 80 Prozent gegenüber dem heute üblichen Vorgehen gemäß CRISP-DM möglich werden.

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